Veröffentlicht am 20.11.2019
Frauen fördern - Verleihung des Unternehmerinnen Award 2019
Erstmalig wurde der BVMW Unternehmerinnen Award Oberfranken vergeben, der die weiblichen Führungskräfte der Region und ihre Arbeit stärken sollen. Ein Fazit von uns als Jurymitglied und Sponsor der Auszeichnung sowie ein Gespräch mit Kerstin Rank, Gründerin von Bag to Life und Siegerin in der Kategorie „Start-up-Gründerinnen“.
Lesen Sie in diesem Artikel:
- „Wenn du willst, dass etwas gesagt wird, frage einen Mann. Wenn du willst, dass etwas getan wird, frage eine Frau.“
- Positives Fazit des Wettbewerbs
- Die Nominierten in der Kategorie „Start-ups“
- Die Siegerin Kerstin Rank
- Die Selbstbestimmtheit der Frau ist wichtig
- Startup-Szene in Franken
- Vor dem Award ist nach dem Award
„Wenn du willst, dass etwas gesagt wird, frage einen Mann. Wenn du willst, dass etwas getan wird, frage eine Frau.“
Dieses Zitat der ehemaligen britischen Premierministerin Margaret Thatcher war Teil der Begrüßungsrede von Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe (Freie Wähler) beim ersten BVMW Unternehmerinnen-Award Oberfranken. Es macht deutlich, wer am 29. Oktober in der Wagner-Stadt geehrt wurde: tatkräftige Frauen. Von ihnen braucht die Region mehr, denn lediglich 7,6 Prozent der oberfränkischen Unternehmer sind weiblich. Das ist auch einer der wichtigen Gründe, weshalb die Region einen solchen Preis bedarf. Zum einen fordert er die Wirtschaft auf, Frauen in Führungspositionen, oder auf dem Weg dorthin, stärker zu fördern, zum anderen will er Frauen Mut machen, Verantwortung zu übernehmen. Der Award zeigt aber auch auf, welche starken Frauen bereits in der Region wirken und wie vielfältig und kreativ ihre Arbeit ist.
Positives Fazit des Wettbewerbs
Wir als Personalberatung haben den Preis als Sponsor der Kategorie „Start-up-Gründerinnnen“ begleitet. Warum wurde bereits im vorherigen Blogbeitrag „Unternehmerinnen Award 2019“ ausführlich erläutert.
Unser Fazit der ersten Wettbewerbsrunde lautet: Ziel erreicht! Die Unternehmerinnen haben eine höhere Aufmerksamkeit bekommen. Genau das wollten wir bewirken; die vorhandene Female Power sichtbar machen. Das Medienecho war groß, und wir wurden von mehreren Seiten auf den Award angesprochen. Ein super Nebeneffekt: Durch die Initiierung des Awards wurde und wird mehr „genetzwerkt“ – unter den Bewerberinnen und Nominierten, der Jury und den Sponsoren sowie mit dem Bundesverband der Mittelständischen Wirtschaft (BVMW). Neue Kontakte sind entstanden und alte Beziehungen werden gepflegt, wie zwischen Preisträgerin und Mitarbeiter*innen. Auch ein wichtiger Aspekt: Die sehr positiven Reaktionen der Beschäftigten auf die Auszeichnung ihrer Chefin verdeutlichen, was so ein Preis auch nach innen bewegen kann: Identifikation und Verbundenheit mit der Arbeitgeberin und dem Unternehmen.
Die Nominierten in der Kategorie „Start-ups“
Insgesamt waren drei Unternehmerinnen in der Kategorie „Start-up-Gründerinnen“ nominiert: Gabi Krauß, Scandi Club UG (haftungsbeschränkt, Bayreuth), Kerstin Rank, Ehrensache D/V GmbH & Co. KG (Lichtenfels), und Carolin Schubert, Waschies GmbH (Kulmbach).
Die gelernte Erzieherin Gabi Krauss führt gemeinsam mit ihren beiden Töchtern den Scandi Club. Dahinter verbirgt sich ein skandinavischer Concept Store, der 2016 seine Pforten öffnete. Es ist aber nicht nur ein Geschäft, das unter anderem Damenbekleidung, Dekoartikel und Kosmetik bietet, sondern auch ein Café und ein Erlebnisort mit vielen Events. Die Finanzmarketing-Expertin Carolin Schuberth will mit ihrem Produkt „Waschies“ den Kosmetikmarkt revolutionieren. Die Mikrofaser-Viskose-Tücher sehen wie gewöhnliche Waschlappen aus, reinigen die Haut aber porentief ‒ nur mit Wasser. Ihre Idee hat es sogar schon in die VOX-Show „Höhle der Löwen“ geschafft. Beide Frauen überzeugten die Jury, sodass sie es auf die Nominiertenliste schafften, aber das Rennen machte schließlich Kerstin Rank.
Die Siegerin Kerstin Rank
Rank steht mir ihren Produkten aus der „Bag to Life“-Reihe als Synonym für erfolgreiche und umweltbewusste Innovationskraft. Seit 2015 verkauft der Online-Shop „Bag to Life“ Taschen und Accessoires aus Materialien der Luftfahrt. Das Hauptmaterial für die Produktideen sind Rettungswesten und weitere Bestandteile der Flugzeugindustrie (z. B. die Ledersitze), die aus Sicherheitsgründen nach einer bestimmten Zeitspanne ausgetauscht werden müssen. Neben dem Shop berät Rank auch Unternehmen in Bezug auf ein nachhaltiges Materialmanagement und dem schonenden Umgang mit Ressourcen. Sie ist zudem Initiatorin eines neuen Netzwerkes für Kreative in Oberfranken und als Fellow beim Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes (Teil der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung) engagiert.
Die Selbstbestimmtheit der Frau ist wichtig
Als Jurymitglied und Pate der Kategorie „Start-up-Gründerinnen“ haben wir im Anschluss an die Preisverleihung mit Kerstin Rank über ihre Firma und die Arbeit für die Region gesprochen.
Wodzak.Littig Personalberatung: Sie wurden bereits mehrfach ausgezeichnet. Nun ist ein Preis hinzugekommen. Was bedeutet Ihnen der BVMW Unternehmerinnen Award?
Kerstin Rank: Das ist der erste Award, den ich als Unternehmerin bekomme. Für mich etwas ganz Besonderes! Denn für mich ist die Gleichberechtigung im Kopf schon viel weiter, als sie in der Realität ist. Als 77er-Generation, in der die Reform des Ehe- und Familienrechts umgesetzt wurde, und die Frau endlich ohne Zustimmung des Mannes arbeiten durfte, wundere ich mich immer noch, wie dies erst so spät passieren konnte. Mir ist aber auch die Selbstbestimmtheit der Frau wichtig, denn jede/r sollte sich frei für das Lebensmodell entscheiden, dass sie und ihn glücklich macht.
Wodzak.Littig Personalberatung: Dreh- und Angelpunkt Ihrer Arbeit ist die Upcycling-Marke Bag to Life. Wie ist die Idee entstanden und wie hat sie sich seither entwickelt? Was ist Ihr Bestseller und gibt es aktuell neue Produkte?
Kerstin Rank: Die Idee entstand bei einem Urlaubsflug. Ich saß direkt vor der Flugbegleiterin, die die Sicherheitsbestimmung erklärte. Gelb kam damals als Modefarbe auf, und ich hatte eine Phase des kreativen Outputs, und dann ging bei mir das Kopfkino an. Seitdem ist viel passiert. Wir haben bereits über 130 Tonnen Rettungswesten ein neues Leben als Tasche und Accessoire geschenkt, unsere Kollektion umfasst mittlerweile um die 60 Modelle. Wir haben eine Kollektion mit Lufthansa für Vielflieger und für das Business auch Taschen aus Ledersitzbezügen aus dem Flugzeug. Unser Bestseller ist die Carry on Cosmetics Liquidbag, für Flüssigkeiten, wenn ich den Koffer nicht einchecke. Aber auch unsere Classic Flyer Bag und die Runway Messenger Bag sind ganz vorne dabei. Alltagsbegleiter, die viel von ihren Abenteuern auf früheren Reisen unter dem Flugzeugsitz erzählen.
Wir werden im Dezember unsere Kunden mit einer Inside-Out-Tasche überraschen. Wer das spannend findet, der folgt uns einfach auf den sozialen Netzwerken.
Startup-Szene in Franken
Wodzak.Littig Personalberatung: Sie haben in der Kategorie „Startup Gründerinnen” gewonnen. Wie schätzen Sie die Startup-Szene in Franken ein ‒ und haben es Ihrer Meinung nach, Frauen schwerer dort Fuß zu fassen? Gibt es genügend finanzielle Unterstützung durch staatliche Förderprogramme oder Venture-Capital-Unternehmen?
Kerstin Rank: Ich denke, dass in Oberfranken durch die Unis, FHs, Gründungsberatungen und Gründerzentren viel in den letzten 1–2 Jahren getan wurde und der Gründungswille in der Region auch wächst. Das ist wichtig, denn gründen kann man überall, und wenn die Bedingungen in anderen Regionen besser sind, dann wandern die Gründer schnell ab. Gründen wird in Deutschland sowieso nicht so einfach gemacht wie in anderen Ländern, zum Beispiel in den USA.
Gründende Frauen brauchen eine stärkere Lobby und vor allem auch Fürsprecherinnen und Sparringspartnerinnen, die ihnen Tipps geben und auch mal sagen, dass nicht immer alles bis ins kleinste Detail perfektionistisch sein muss. Ich denke, dass es für Frauen immer noch ein Drahtseilakt ist Kinder und Karriere zusammenzubringen. Das ist auch ein Familienthema, das ganzheitlich betrachtet werden muss. An diesem Punkt müssen Lösungsmöglichkeiten gefunden werden, und auch die Politik muss hier stärker agieren und nicht nur reagieren.
Die staatlichen Förderungen für kreative Ideen, nicht nur für den Digitalausbau, sind gerade aufgestockt worden, was ich klasse finde.
Wodzak.Littig Personalberatung: Wenn man sich Ihre Biografie anschaut, erkennt man sehr schnell, dass Ihnen Nachhaltigkeit sehr wichtig ist. Inwiefern lassen Sie das Thema auch in Ihre anderen Aufgaben einfließen, beispielsweise als Fellow für das Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes oder bei Ihrer Arbeit für das Netzwerk für Kreative in Oberfranken?
Kerstin Rank: Nachhaltigkeit bestimmt mein Tun in jeder Hinsicht. Ich halte es für ausschlaggebend, dass wir Lösungen aufzeigen und nicht nur mit dem erhobenen Zeigefinger mahnen. Denn wenn dem Bürger Möglichkeiten aufgezeigt werden, die ihm Spaß machen, dann werden diese auch immer stärker eingesetzt. Vor allem muss die Aufklärung besser und die Lösungen ganzheitlicher werden.
Mit diesem Gedanken haben wir im Netzwerk für Kreative in Oberfranken auch eines von mehreren Themen, die wir bearbeiten: „Kreativität und Nachhaltigkeit“. Ich denke, dass gerade die Kreativen in den nächsten Jahren besonders wichtig für den Wandel der Gesellschaft sind und eben auch viele Prozesse vordenken können, die andere sich nicht einmal vorstellen können.
Das Netzwerk will diese kreative Leistung sichtbarer machen und Lösungen erarbeiten. Wir sind noch ganz am Anfang, aber ich bin jetzt schon gespannt auf die ersten Ergebnisse. Auf Bundesebene fließen regionale Themen auch immer stärker ein.
Wodzak.Littig Personalberatung: Vielen Dank für das Gespräch.
Vor dem Award ist nach dem Award
Stichwort: Netzwerk. Zusammen mit Frau Bettina Angerer, Beauftragte des BVMW Oberfrankens, und den anderen Beteiligten des Wettbewerbs, sind wir bereits in die Planung für 2021 gegangen – denn vor dem Award ist nach dem Award. Das heißt, der Wettbewerb geht weiter und wird künftig in einem Turnus von zwei Jahren veranstaltet. Für uns ist der Award nicht nur eine gute Möglichkeit, weibliche Führungskräfte in der Region zu unterstützen, sondern auch alle Beteiligten darin zu bestärken, sich noch mehr zu vernetzen. Wir als Personalberatung wissen, wie wichtig es ist, sein Network zu pflegen und auszubauen und geben unsere Erfahrungen gerne weiter.