Veröffentlicht am 24.01.2023

Personaltrends: Was bringt das Jahr 2023?

In Deutschland sind bis zu rund zwei Millionen Arbeitsplätze vakant. Das schätzt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) auf der Basis einer Umfrage unter fast 22.000 Betrieben. Mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen habe zudem Probleme, offene Stellen zu besetzen. Nach Meinung der HR-Verantwortlichen in Deutschlands Unternehmen wird der jetzt schon gravierende Fachkräftemangel weiter zunehmen: Zwei von drei Personalentscheider:innen gehen davon aus, dass sich die Situation in diesem Jahr noch verschärfen wird (67 %) – besonders sorgen sich Unternehmen mit über 250 Beschäftigten (78 %). Das geht aus einer Umfrage des Marktforschungsinstituts forsa im Auftrag von onlyfy by XING hervor, an der im Dezember 2022 deutschlandweit 500 Personalleiter:innen in Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden teilnahmen. Deren Antworten liefern wichtige Erkenntnisse zum deutschen HR-Markt und seiner zukünftigen Entwicklung.

Lesen Sie in diesem Artikel:

  • Immer mehr Kandidat:innen sagen während des laufenden Bewerbungsprozesses ab
  • Mitarbeitende binden – so wichtig wie nie zuvor
  • Active Sourcing und Talent Pooling gewinnen an Bedeutung
  • Mitarbeitende wollen zufrieden und flexibel sein

Immer öfter springen Bewerber:innen mitten im Prozess ab

Laut der Studie ist es nicht nur schwierig, geeignete Kandidat:innen zu finden, sondern auch sie im Bewerbungsprozess zu halten. Fast jeder Befragte (90 %) berichtet von Erfahrungen mit Jobanwärter:innen, die während des laufenden Bewerbungsprozesses abgesagt haben. 37 Prozent der HR-Verantwortlichen berichten, dass gelegentlich Kandidat:innen abgesagt hätten und 24 Prozent der Befragten geben an, dass dies sogar häufig bis sehr häufig vorgekommen sei.

„Diese Entwicklung kann ich leider nur bestätigen“, sagt Annette Wodzak-Littig, Inhaberin der Wodzak.Littig Personalberatung. „Den Bewerber:innen stehen heutzutage so viele Jobs zur Auswahl, dass die meisten die Qual der Wahl haben. Deshalb können interessante Rahmenbedingungen und ein schneller unkomplizierter Bewerbungsprozess entscheidend sein. Was uns auch auffällt ist, dass sich viele Kandidat:innen in den Bewerbungsprozess begeben und sich im Vorfeld noch nicht so viele Gedanken gemacht haben, ob sie überhaupt wechselwillig sind und was sie überhaupt suchen. Sie stellen dann erst im Laufe des Prozesses fest, dass sie sich bei ihrem jetzigen Arbeitgeber doch wohlfühlen, oder sie sagen schon zu, und dann kommt in letzter Minute ein neues, scheinbar interessanteres Angebot. Also, wir registrieren im Prozess eine steigende Unverbindlichkeit und zum Teil auch spontane und weniger strategische Entscheidungen für den beruflichen Lebenslauf.“

Auch die Studie belegt, dass die Gründe für die Absagen vielfältig sind. Sie reichen von einem besseren Angebot der Wettbewerber über fehlende Flexibilität der Arbeitgeber (in Bezug auf Arbeitsmodelle, Home-Office, Weiterbildung etc.) bis zu prozessualen Gründen, wie einem als zu aufwändig empfundenen Bewerbungsprozess.

Bindungsmaßnahmen für Mitarbeitende gewinnen an Bedeutung

Wenn also auf dem Arbeitsmarkt zunehmend Talente fehlen und vermehrt Beschäftigte abgeworben werden, gewinnen Maßnahmen zur Bindung bestehender Mitarbeitenden an Bedeutung. Das bestätigen die Befragten. Genauer gesagt, zwei von drei Personalverantwortlichen in Deutschland sind der Meinung, dass Mitarbeiterbindungsmaßnahmen in diesem Jahr wichtiger werden (65 %). Somit steht auf ihrer Liste mit Tätigkeiten, für die sie gerne mehr Zeit hätten, das sogenannte Retention Management mit 53 Prozent weit oben.  

Neue digitale Recruiting Wege

Ebenfalls relevanter wird das Active Sourcing. Das meinen 64 Prozent der HR-Verantwortlichen – insbesondere Personalverantwortliche in Unternehmen ab 250 Beschäftigten (74 %). Zudem sehen die Befragten eine Recruiting-Chance im so genannten Talent Pooling, also dem frühzeitigen Identifizieren potenzieller Kandidaten:innen, um sie später bei Bedarf anzusprechen (60 %). Dazu erklärt Annette Wodzak-Littig: „Das Active Sourcing ist die Grundlage unserer Arbeit. Für uns war es schon immer wichtig, dass wir sehr proaktiv Talente ansprechen.“ Sie betont: „In diesem Bereich muss man sehr erfahren sein und viel von digitalen und psychologischen Kommunikationsprozessen und Wirkmechanismen verstehen, denn die Kandidatinnen und Kandidaten wollen individuell angesprochen werden, sonst funktioniert das Active Sourcing nicht. Die Direktansprache gewinnt im Recruiting zweifellos an Bedeutung. Auch das Talent Pooling sollte auf dem Radar einer jeden Personalerin oder eines jeden Personaler stehen. Das kontinuierliche Netzwerken und Identifizieren von Potenzialen und Talenten ist enorm wichtig und zielt auf mittel- bis langfristige Ergebnisse.“

Die Umfrage-Teilnehmenden geben außerdem an, dass auch klassische HR-Maßnahmen wie Coaching und Weiterbildung von Mitarbeiter:innen (63 %) sowie Führungskräften (54 %) 2023 wichtiger werden, ebenso wie Employer-Branding-Maßnahmen (49 %).  Zudem zeigen sich die befragten Personalleiter:innen offen für neue Recruiting-Wege, zum Beispiel via WhatsApp oder anderen Social-Media-Kanälen. Daran sind in Unternehmen ab 250 Beschäftigten 72 Prozent interessiert.  Ferner sagt ein Drittel der Befragten, dass die Bedeutung von „Data Analytics und Reporting“ in der HR-Welt weiterwachsen wird. Dieser Einsatz intelligenter Technologien ist Zukunft noch stärker vonnöten, denn gleichzeitig nimmt die Administration und Koordination von Bewerbungsprozessen immer mehr Zeit in Anspruch und gewinnt damit an Bedeutung. Davon ist die Hälfte der Befragten überzeugt.  „Keine Frage, das Recruiting verändert sich stetig und passt sich modernen Technologien an. Es entstehen immer mehr und immer spezifischere Kanäle und Plattformen. Dabei sollten die Personaler:innen eins nicht aus den Augen verlieren: die Zielgruppe. Die Automatisierung unterstützt unsere Arbeit, aber im Fokus sollte immer die Zielgruppe stehen. Welche Kanäle wir einsetzen, ist abhängig von der Zielgruppe. So sind für uns nach wie vor auch Messen und Kongresse relevant. Man muss heute und in Zukunft sehr vielseitig im Personalmarkt unterwegs sein und aktiv viel ausprobieren – sowohl online als auch offline“, so Annette Wodzak-Littig.

Job-Zufriedenheit, Arbeitsatmosphäre, Unternehmenskultur und Work-Life-Balance

Was aber bewegt Mitarbeitende längerfristig in einem Unternehmen zu bleiben? Zu den Gründen zählen Arbeitsatmosphäre und Unternehmenskultur sowie Job-Zufriedenheit (80 %) und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (71 %), so die Personalverantwortlichen. Die Höhe des Gehalts hingegen sehen nur 54 Prozent der Befragten als einen der Hauptgründe an, warum sie dauerhaft bei einem Arbeitgeber bleiben würden. Nichtsdestotrotz dreht es sich in den Personalgesprächen meist genau darum: Mit 75 Prozent ist die Gehaltshöhe das Top-Thema, gefolgt von Gesprächen über Arbeitsaufgaben und berufliche Perspektiven (73 %) sowie die Zufriedenheit im Job (70 %).

Annette Wodzak-Littig sagt: „Wir stellen in unseren Gesprächen mit den Kandidat:innen immer wieder fest, wie wichtig ihnen Flexibilität in der Arbeitszeit ist. Aber auch die Nähe zum Arbeitgeber, echte Homeoffice-Möglichkeiten – und das nicht zu festen, sondern flexiblen Zeiten – sowie das Bewusstsein des Arbeitgebers für familiäre Belange spielen für die Arbeitnehmer:innen eine wichtige Rolle. Auf Leitungsebene kommen dann noch weitere Gründe hinzu: die Gestaltungsmöglichkeiten, eine moderne Führungskultur, Arbeiten auf Augenhöhe, Öffnung für Innovationen und eine digitale Infrastruktur oder zumindest die Möglichkeit, diese aufzubauen. Die jüngeren Kandidat:innen stellen mehr Fragen zu Nachhaltigkeit und Purpose des (zukünftigen) Arbeitgebers. Für sie ist es außerdem wichtig, sich mit einem Produkt/Unternehmen identifizieren zu können.“

Benötigen Sie Unterstützung im Recruiting, Headhunting oder im Personalmanagement? Dann kontaktieren Sie uns bitte via E-Mail info@wodzak-littig.de oder telefonisch +49 921 95923440.

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